Tage der digitalen Freiheit

Tage der digitalen Freiheit

Social Media und Demokratie – geht das? Ein Workshop zu Social Media, Diskurs und demokratischer Kultur
27.07.2025 , Workshop 1 (2. OG)
Sprache: Deutsch

Im Netz reden alle, aber mit dem Zuhören scheinen sich viele schwer zu tun. Zwischen Filterblasen, Polarisierung und politischem Zynismus stellt sich die Frage: Wie können wir eigentlich Kommunikation gestalten, die verbindet statt trennt? Der Workshop gibt Impulse und Raum für den kritischen, gemeinsamen Austausch über digitale deliberative Demokratie.


So funktioniert’s:
- Pro Station 5 Min Vortrag (zu Beginn insgesamt 20 min.)
o Wer spontan dazukommt, kann sich die Aushänge durchlesen und eine Station aussuchen (Open Door Format)
- 15 Min. Dialog zwischen den Personen an der Station
o Mögliche Diskussionsfragen an den Stationen leiten den Dialog an
o Wichtige oder interessante Diskussionspunkte werden auf einem Plakat festgehalten
- 10 Min. Abschlussreflexion im Plenum mit den Plakaten der Stationen

gesamt: 1.30h

Stationen:

Station 1: Soziale Medien und ihre Auswirkungen auf demokratische Diskurse
Soziale Medien funktionieren in erster Linie gemäß einer Aufmerksamkeitsökonomie: Sie sind nicht auf demokratischen Diskurs ausgerichtet, sondern Klicks und begünstigen darin emotional aufgeladene, empörende und verzerrende Inhalte.
Algorithmen verstärken Filterblasen- und Echokammer-Effekte, auf Grundlage unserer biologischen Dispositionen (bspw. Confirmation Bias). Sie beschleunigen die Fragmentierung der Öffentlichkeit in diverse Teil-Öffentlichkeiten ohne wirkliche Berührpunkte, was wir als schädliche „Polarisierung“ wahrnehmen.
Problem: Die Öffentlichkeit als diskursiver Raum zerfällt, was gemäß Habermas fatale Konsequenzen für unsere Demokratie mit sich bringt.

Station 2: Institutionelle und deliberative Demokratie
Demokratie besteht nicht nur aus institutionellen Elementen wie Wahlen oder dem Parlament, sondern auch aus einer gelebten demokratischen Kultur – also der Art und Weise, wie wir miteinander reden, zuhören und streiten.
Es lassen sich also zwei Ebenen unterscheiden: Zum einen die institutionelle Demokratie mit ihrer Verfassung, der Gewaltenteilung, politischen Parteien und Wahlen. Zum anderen die deliberative Demokratie, bei der Bürger:innen frei, gleichberechtigt und rational miteinander diskutieren.
Wenn sich Bürger:innen bereits vorparlamentarisch wirksam austauschen, entsteht Druck auf Positionen im Parlament dem differenzierteren öffentlichen Diskurs zu gerecht zu werden.
Eine Kombination beider Ansätze ist sinnvoll, denn demokratische Prozesse sind stets mit Zeitmangel und Entscheidungsdruck konfrontiert.

Station 3: Kommunikation und rationaler Diskurs
Kommunikation ist gemeinsames (Sprech-)Handeln, doch häufig stehen wir uns dabei selbst im Weg, bspw. durch kognitive Verzerrungen und emotionale Trigger.
Rationalität ist geboten, bedeutet aber keineswegs Emotionslosigkeit – im Gegenteil: Moderne Ansätze aus Kognitionsforschung und Philosophie betonen, dass Emotionen ein integraler Bestandteil des Denkens sind.
Das Konzept des Common Ground – Vorannahmen, die wir in der Kommunikation erst gemeinsam herausarbeiten – ist hilfreich, um rationalen Diskurs praktisch umzusetzen. Entscheidend bleibt aber eine besonnene Grundhaltung: Zuhören, Perspektivwechsel, Dialogbereitschaft.

Station 4: Zynismus und Empowerment
Zynismus entsteht oft aus dem Gefühl, dass das eigene Handeln nichts bewirkt – oder dass Kommunikation ohnehin zu nichts führt, worauf sich alle einigen könnten. Diese Haltung wirkt abgeklärt, führt aber meist zu Rückzug und Lähmung. Besonders in polarisierten digitalen Räumen erscheint es sinnlos, sich auf Diskussionen einzulassen.
Gerade hier ist Engagement gefragt: Demokratie lebt davon, dass wir uns trotz Differenzen und ohne die Gewissheit auf Erfolg immer wieder von neuem in den Dialog begeben. Dafür ist Empowerment wichtig. Dieses nur als Stärkung des Zusammenhalts innerhalb der eigenen Gruppe zu verstehen, greift häufig zu kurz.
Empowerment bedeutet ebenso, Vertrauen in das Gewicht der eigenen Stimme zu haben und das eigene Handeln als sinnvoll zu verstehen. Wenn wir begreifen, dass Demokratie eben auch in den kleinen alltäglichen Interaktionen stattfindet und bereits ein gelungener Dialog ein politischer Akt ist, dann werden wir zunehmend Selbstwirksamkeit erfahren.

Siehe auch: Ankündigungsplakat für den Workshop im Eckstein (341,8 KB)